Leitfähige Pulverlacke - ESD-Beschichtung
Elektrostatische Aufladung entsteht durch die Reibung von aufladbaren Oberflächen und lauert auch im Alltag überall. Wer kennt ihn nicht, den unangenehmen „elektrischen Schlag“ beim Berühren einer Türklinke, beim Ausziehen eines Pullovers oder auch beim Händeschütteln, wenn sich die elektrische Ladung zu einem elektrischen Leiter hin mit einem Funkenschlag blitzartig wieder entlädt. Elektrostatische Entladung wird mit ESD abgekürzt, steht für die englische Bezeichnung „Electrostatic Discharge“ und kann Spannungsspitzen von mehreren 100.000 Volt zwischen zwei Objekten erreichen.
Warum ableitfähige Oberflächen?
Herkömmliche Pulverlacke sind elektrisch isolierend und haben einen Oberflächenwiderstand von >1 TΩ Das heißt, sie können Spannungsspitzen nicht ableiten und werden zum Risiko z.B. für Elektronikkomponenten oder sogar zur Zündquelle für Staubexplosionen durch Funkenentladung. . Beschichter, die mit Produkten wie Schaltschränken, Elektrogehäusen, Kabelbäumen und Computern arbeiten benötigen deshalb spezielle ESD-Pulverlacke.
Klassifikation von Leitfähigkeit
Materialien können anhand ihres Widerstandes gegen die Leitung elektrischen Stroms (gemessen in Ω), in verschiedene Klassen eingeteilt werden. So unterteilt man sie grob in Isolatoren, Materialien mit antistatischem Verhalten, elektrostatisch ableitfähige Materialien sowie Leiter.
Isolatoren
Isolatoren sind Stoffe, in denen sich Ladungen (fast) überhaupt nicht bewegen können, ihre Widerstandwerte liegen bei 1011 Ω und höher. Bekannte Beispiele hierfür sind Gummi, Porzellan, Glas, Diamant, destilliertes Wasser und Luft. Auch die meisten Pulverlacke fallen in diese Kategorie, wobei hier zusätzlich zwischen unterschiedlichen Harzsystemen unterschieden werden kann. So weisen Epoxidharze höhere Widerstandswerte auf als Polyester. Alle diese Stoffe haben gemeinsam, dass in ihnen weder Ionen noch schwach gebundene Elektronen für den Ladungstransport zur Verfügung stehen; alle Elektronen sind fest in chemischen Bindungen verankert. Bei extrem hohen Spannungen (einigen Kilo- bis Megavolt) können dennoch kurzzeitig Elektronen aus den Stoffbindungen entrissen werden. Die Folge ist ein „Durchschlag“-Strom (z. B. ein Blitz), bei dem in sehr kurzer Zeit sehr viel Energie transportiert wird.
Materialien mit antistatischem Verhalten
Antistatisches Verhalten tritt im Bereich von 109 - 1011 Ω auf. Es ist notwendig z.B. in Reinräumen, da Oberflächen mit antistatischem Verhalten Staub aus der Luft nicht so leicht anziehen.
Elektrostatisch ableitfähige Materialien
Weisen Materialien einen Oberflächenwiderstand zwischen 103 – 109 Ω auf, gelten sie als elektrostatisch ableitfähig. Das bedeutet, dass diese Werkstoffe in der Lage sind, aufgebrachte Ladungen langsam abzuleiten. Diese Eigenschaft wird vor allem für antistatische Anwendungsbereiche zum Beispiel in der Automobilindustrie genutzt, um den Staubanziehungseffekt von Oberflächen zu reduzieren oder bei elektronischen Bauteilen sowie in explosionsgefährdeten Bereichen, um Gasentladungen (Funken) zu vermeiden. Elektrostatisch ableitfähige Materialien sind auch antistatisch, jedoch NICHT umgekehrt.
Leiter
Elektrische Leiter werden jene Stoffe genannt, in denen sich Ladungen leicht bewegen können. Die bekanntesten Leiter sind Metalle, Graphit, Säuren, Laugen und Salzlösungen. Sie weisen Oberflächenwiderstände unterhalb von 106 Ω auf. Ihre Fähigkeit, sich schnell zu entladen, ist beispielsweise bei Anwendungen für Erdungskontaktierungen gefragt.
Wie wird Pulverbeschichtung elektrisch ableitfähig?
Die Leitfähigkeit von Pulverlack kann durch die Zugabe von Additivteilchen erreicht werden, jedoch bringt eine Zugabe in geringer Konzentration praktisch nichts. Dies ändert sich, wenn die Additivteilchen so zahlreich werden, dass sie sich mit hoher Wahrscheinlichkeit untereinander berühren und durch die Probe hindurchgehende Strompfade bilden. Die Leitfähigkeit steigt in einem schmalen Konzentrationsbereich um die sogenannte „kritische Konzentration“ (KC) um etliche Zehnerpotenzen an – der spezifische Widerstand sinkt dementsprechend.. Erhöht man die Additivkonzentration weiter, so bilden sich immer mehr durchgehende Strompfade, und die Leitfähigkeit steigt weiter, doch längst nicht mehr so sprunghaft wie um KC. Ab einer bestimmten Additivkonzentration erreicht man durch weitere Zugabe keine wesentlich besseren Leitfähigkeitswerte mehr. Die gesamten Kurven werden auch als Perkolationskurven bezeichnet.
Graphit
Additive aus elektrisch leitfähigem Kohlenstoff, die teilweise schon lange eingesetzt werden. Früher wurde das Graphit verwendet, während man heute von einer einzelnen Schicht des Graphitkristalls, dem Graphen, spricht. Bei einer elektrischen Ableitung von 103 bis 109 Ω sind nur Schwarz-/Anthrazit- Farbtöne möglich (z.B. 09/8176 oder 59/80259)
Leitruß
Leitruß, auch als „Carbon Black“ bekannt, wird in Bereichen eingesetzt, in denen mäßige Leitfähigkeit gefordert ist. Ruß entsteht bei unvollständiger Verbrennung von Kohlenstoffverbindungen in chemischen Reaktoren. Aber warum leitet Ruß? Ruß ist aus Primärpartikeln aufgebaut, in denen Kohlenstoffatome wie in kleinen Graphit-Kristalliten angeordnet sind.
Fasern
Kohle oder Carbonfasern sind bekannt für ihre mechanisch verstärkende Wirkung, leiten aber auch elektrisch. Sie färben das Bauteil ein, färben bei Berührung allerdings nicht die Umgebung, wie das bei ruß- und graphitgefüllten Bauteilen der Fall ist. Daher eignen sich Fasern besser für Anwendungen in Reinräumen oder bei Papierhandling.
CNTs
Carbon Nanotubes bzw. Kohlenstoff-Nanoröhrchen sind winzige, aus Graphit bestehende Rohre mit unterschiedlichen Wandstärken. Man unterscheidet zwischen SWNT, DWNT und MWNTs (Single, Double oder Mutli-Walled Nanotubes). Bereits bei sehr geringen Konzentrationen (0,04 Gew.-%) können hiermit hohe Leitfähigkeiten erreicht werden. Sie beeinflussen – wie alle anderen Additive – den Farbton, jedoch sind mit ihnen auch hellere Farbtöne möglich (z.B. Lichtgrau).
Glimmerpigmente
Elektrostatische Ableitung 109 bis 1011 Ω, dabei sind helle Graufarbtöne und Buntfarbtöne möglich.
TIGER – Ihr Partner für ESD-Pulverbeschichtung
Dank seines top-modernen R&D-Centers ist es TIGER möglich, ESD-Pulverlacke zu entwickeln, die exakt an die individuellen Bedürfnisse unserer Kunden angepasst sind. Zusammen mit Ihnen entwickeln wir spezifische Formulierungen, die jedem Anspruch gerecht werden.
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