Harze als Bindemittel im Pulverlack und ihre Eigenschaften
Pulverlacke setzen sich bekannterweise aus einem Bindemittel, Pigmenten, Füllstoffen und Additiven zusammen. Kunstharze, die als Bindemittel fungieren, bilden dabei den Hauptbestandteil (bis zu 60% des Gemischs) und sind maßgeblich für die Eigenschaften der späteren Beschichtung verantwortlich. Die Härte und Stabilität bzw. die generelle Oberflächenbeschaffenheit der Lackschicht ist ein direktes Resultat der verwendeten Harzkomponente.
Veraltet beschreibt der Begriff Bindemittel das „Bindeglied“ zwischen den verschiedenen, festen Bestandteilen des Lackes, d.h. zwischen Pigment- und Füllstoffteilchen. Heute als „Filmbildner“ bezeichnet, kommen in Beschichtungsstoffen überwiegend organische oder organisch modifizierte Verbindungen von mittlerer bis hoher Molmasse zur Anwendung. Die Filmbildung kann nach zwei verschiedenen Mechanismen erfolgen. Diese sind:
- die physikalische Trocknung
- die chemische Vernetzung (Härtung)
Aufgrund ihres physikalischen und chemischen Verhaltens unterscheidet man bei den Bindemitteln/Filmbildnern zwischen Thermoplasten und Duroplasten.
Duroplaste
Duroplaste müssen bei der Filmbildung aushärten. Sie benötigen daher nach dem Aufschmelzen noch Zeit, die Härtereaktion unter Einwirkung der Einbrenntemperatur abzuschließen. Die Aushärtebedingungen müssen immer nach der größten Wandstärke des Objektes gewählt werden, da dort die längste Aufheizzeit bis zum Erreichen der Objekttemperatur benötigt wird. Die Einbrennbedingungen gelten immer erst ab Objekttemperatur. Duroplaste sind hochelastisch und schlagfest.
Bindemittel:
- Epoxidharz
- Polyester
- Polyurethan
- Acrylat
Thermoplaste
Thermoplaste schmelzen auf und bleiben plastisch. Sie können bei Temperaturerhöhung immer wieder verflüssigt werden. Bei zu langer und zu starker Wärmeeinwirkung ist eine Tropfenbildung möglich. Im Gegensatz zu Duroplasten benötigen diese Pulverlacke keine separaten Härtersysteme. Hauptanwendungsgebiet ist das Wirbelsinterverfahren. Nur Spezialtypen – wie z. B. ein thermoplastischer Polyester und einige Polyurethan-Typen sind für die elektrostatische Verarbeitung geeignet.
Bindemittel:
- Polyamid
- PVC
- Polyäthylen
- Thermoplastischer Polyester
Anforderungen an duroplastische Pulverlackmaterialien
- bei Normaltemperatur fest (Schmelzpunkt > ca. 65 °C)
- Schmelztemperatur darf nicht zu hoch sein
- niedrige Schmelzviskosität in dem für die Härtung üblichen Temperaturbereich
- physikalisch und chemisch lagerstabil bis mind. 40 °C
- gute Haftung auf verschiedenen Materialien ohne Haftvermittler
- gut einfärbbar
TIGER ist auf die Verarbeitung duroplastischer Bindemittel/Harze spezialisiert und stellt einen Teil seiner Polyesterharze in der hauseigenen Kunstharzproduktion her. Damit ist es uns möglich, hohe Qualität und speziell zugeschnittene Eigenschaften bereits durch das eingesetzte Harz in das System zu integrieren.
Epoxidharz
Zusammensetzung
Vernetzungsmöglichkeiten von Epoxidharzen
- Amin (Aliphatisch, Cycloaliphatisch, Aromatisch)
- Anhydride
- Imidazole
- Isocyanate
- Silanole
- Aminoplaste (Amino- od. Amidharze)
- Phenolharze (Lineare Phenolharze, Kresol-Novolake)
Eigenschaften
Epoxidharz besitzt eine gute Haftfestigkeit zum Untergrund, ausgezeichnete mechanische Eigenschaften (Elastizität) und sehr gute chemische Resistenz. Als Nachteil sind die Vergilbung und das Kreiden der Oberfläche durch Einwirkung von höheren Temperaturen bzw. UV-Licht anzusehen.
Obwohl neue Entwicklungen diese nachteiligen Eigenschaften reduzieren, ist Epoxidharz für hochwertige, wetterfeste Beschichtungen nicht geeignet.
Pulverlacke auf Epoxidharzbasis ermöglichen einen sehr glatten Verlauf bei hochglänzenden und stumpfmatten Oberflächen. Aufgrund ihrer Vernetzungseigenschaften eignen sie sich perfekt als Grundierungen/Primer:
- sehr gutes Eindringvermögen in Winkel und Kanten
- gute Chemikalienbeständigkeit
- hohe Reaktivität/gutes Tieftemperaturverhalten
Anwendungen
Epoxidpulverlacke werden deshalb heute fast nur im funktionalen Bereich, wie z. B. für Kfz-Teile, in der Elektro- und Elektronikindustrie, für Armaturen und Armierungseisen, Korrosionsschutzprimer sowie für die Beschichtung von Rohrleitungen, Pipelines etc. eingesetzt.
Polyesterharz
Zusammensetzung
Polyester entstehen als Reaktionsprodukte aus der Veresterung von mehrwertigen Alkoholen mit Polycarbonsäuren.
Vernetzungsmöglichkeiten von Polyesterharzen
Reaktionen mit carbonsäurefunktionellen Polyesterharzen
- Triglycidylisocyanurat (TGIC)
- Hydroxyalkylamide (HAA)
- Glycidylester
- Epoxidharze (Hybrids)
Reaktionen mit hydroxylfunktionellen Polyesterharzen
- Isocyanate (IPDI-Addukt)
- Polyuretdione (Polyisocyanate)
Eigenschaften
Polyesterharze überzeugen durch besonders hohe Vergilbungs- und Kreidungsbeständigkeit. Aufgrund ihrer Temperaturstabilität finden sie auch im Innenbereich immer mehr Anwendung. Zusätzlich weisen sie hohe Glanz- und Farbtonstabilität auf und sind für viele Effekte und Oberflächen geeignet.
Einzig die Lösemittelbeständigkeit ist gegenüber Epoxiden und Hybrids geringer.
Anwendungen
Aufgrund der Witterungsbeständigkeit eignen sich Polyester für sämtliche Außenanwendungen wie z. B. Fassadenelemente, Landmaschinen, Fensterrahmen, Garten- und Campingmöbel, Beleuchtungskörper und Zweiradfahrzeuge, etc.
Polyurethanharz
Zusammensetzung
PUR-Pulverlacke basieren auf freien, Hydroxylgruppen enthaltenden Polyesterharzen, die mit Polyisocyanaten durch eine Additionsreaktion vernetzt werden.
Basierend auf Derivaten von IPDI (Isophorondiisocyanat), ergeben sich hauptsächlich zwei Vernetzungsmöglichkeiten:
- Isocyanataddukte
- Polyisocyanate (Polyuretdione)
Eigenschaften
Pulverlacke auf Polyurethanbasis zeigen ebenfalls eine ausgezeichnete Witterungs- und Kreidungsbeständigkeit. Dazu kommen exzellente Verlaufs- und Anti-Graffiti-Eigenschaften.
Anwendungen
Das Anwendungsgebiet der PUR-Pulverlacke ist deckungsgleich mit jenen auf Polyester-Basis. Außerdem werden sie gerne im Rail Bereich eingesetzt. Bei hohen Anforderungen an die Chemikalienbeständigkeit werden jedoch häufig PUR-Pulverlacke bevorzugt.
Hybridsysteme
Zusammensetzung
Bei der Herstellung von Epoxidharz/Polyester-Mischpulverlacken, sogenannten Hybrids, werden geeignete Polyesterharze verwendet, die im Molekül endständige, freie Carboxylgruppen enthalten, die über die Addition an Epoxidgruppen eine räumliche Vernetzung bewirken.
Das Mischungsverhältnis von Epoxidharz zu Polyester variiert dabei von 60:40 bis hin zu 10:90 (häufigste Mischverhältnisse 70/30, 60/40 und 50/50). Das genaue Mischungsverhältnis wird durch spezielle Kundenanforderungen und Anwendungsbereiche festgelegt.
Eigenschaften
Hybridsysteme besitzen ähnliche Eigenschaften wie die Epoxid-Pulverlacke, jedoch mit besserer Vergilbungsstabilität beim Einbrennen sowie geringerer Kreidungstendenz unter UV-Belastung.
Anwendungen
Ihre Anwendungsgebiete liegen besonders im dekorativen Bereich, beim Laden- und Regalbau, auf Metall-Büromöbeln, Haushaltsgeräten, Deckenelementen und Radiatoren.
Acrylatharz
Zusammensetzung
Die Produktgruppe der wetterbeständigen Acryl-Pulverlacke basiert auf Acrylharzen, die mit unterschiedlichen Härtern vernetzt werden können.
Vernetzungsmöglichkeiten von GMA-Acrylatharzen
- aliphatische Dicarbonsäuren
- Polycarbonsäuren und deren Anhydride
- Polyanhydride
- aliphatische Diamine
Eigenschaften
Acryl-Pulverlacke weisen herausragende Eigenschaften auf:
- emissions- und abfallarme Beschichtung
- Verlauf vergleichbar mit Serien-Flüssiglacken der Automobilindustrie
- überdurchschnittliche Wetterstabilität (5 Jahre Florida-Test)
- rissfreie Klarlacke -> Kein Craze Cracking
- Einbrenntemperaturen von 130 °C möglich
Aufgrund folgender Einschränkungen ist ihr Anteil am Pulverlackmarkt dennoch geringer als bei anderen Bindemittelystemen:
- hoher Preis
- bei Raumtemperatur nicht lagerstabil -> Kühlung notwendig
- klimatisierte und gereinigte Zuluft notwendig
- Verträglichkeit -> Abschottung von Anlagen mit konventionellen Pulverlacken notwendig
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